HINTERGRUND: Einige Jahrzehnte orientierte sich die Suchtprävention im deutschsprachigen Raum primär an emanzipatorisch-partizipativen Vorstellungen, die in den Grundsätzen der WHO Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung formuliert sind (Gesundheitsförderungsansatz). Derzeit aber mehren sich europaweit Anzeichen einer Restauration des Paternalismus in der Suchtpolitik (Public-Health-Ansatz). *** METHODE: Grundlage für die Ausführungen ist eine Synthese der gängigen Diskurse zur Alkoholpolitik in Publikationen und Tagungsbeiträgen, wobei Diskurse in der Suchtprävention mit Diskursen in der epidemiologischen Forschung verglichen werden. *** ERGEBNISSE: Vertreter der Suchtprävention orientierten sich traditionell an Lebenskompetenzförderung und dem Schaffen positiver Rahmenbedingungen im Sinne des Gesundheitsförderungsansatzes. Vertreter der epidemiologischen Forschung orientieren sich seit langem am Public-Health-Ansatz und sprechen sich für eine Kontrollpolitik aus, die ausschließlich auf eine Verringerung der Verfügbarkeit und auf Werbeverbote setzt. Sie werten andere Ansätze, von Suchtprävention bis zu traditioneller Suchttherapie, als teuer und wirkungslos ab. Zusehends gewinnt der Public-Health-Ansatz nun auch in der Suchtprävention Bedeutung. *** DISKUSSION UND SCHLUSSFOLGERUNG: Die Vertreter:innen beider Positionen versuchen, ihre Sichtweise als solide „evidenzbasiert“ zu propagieren. Angesichts des Umstandes, dass die empirischen Grundlagen für Schlussfolgerungen meist weit weniger belastbar sind als behauptet und dass Empfehlungen für politische Maßnahmen ganz wesentlich auf Werturteilen aufbauen und aufbauen müssen, die unmittelbar mit dem Menschenbild, Gesellschaftsbild und Weltbild zusammenhängen, ist die Evidenzbasis beider Positionen kritisch zu hinterfragen.