HINTERGRUND: Die adäquate Versorgung von Menschen mit Flucht‐ und Migrationserfahrung in Bezug auf die Prävention von psychischen Problemen ist ein ebenso aktuelles wie komplexes Thema. Unbehandelte psychosoziale Probleme stehen häufig in engem Zusammenhang mit individuellen und gesellschaftlich relevanten Folgeerscheinungen. Verstärkt durch die COVID‐19‐Pandemie, wurde die Notwendigkeit einer adäquaten und niederschwelligen muttersprachlichen Unterstützung für Menschen mit Flucht‐ und Migrationserfahrung als wichtiges und dringliches Thema festgehalten. Es gibt vor allem in Muttersprachen zu wenige Angebote und Möglichkeiten für unterschiedliche Formen von psychosozialer Behandlung und Unterstützung. Vorhandene Angebote sind zum Teil zu wenig bekannt. Aus diesem Grund wurden im Jahr 2021 Möglichkeiten für niederschwellige psychosoziale Angebote in Österreich eruiert und in einem Rahmenkonzept formuliert. *** METHODE: Eine im Rahmen der Expertengruppe zur psychosozialen Unterstützung für Menschen mit Migrationshintergrund initiierte Arbeitsgruppe befasste sich mit der Konzeption niederschwelliger psychosozialer Angebote für Menschen mit Fluchterfahrung. Impulsgebend für die Arbeitsgruppe war unter anderem das Referat zur niederschwelligen Kurzzeitintervention „Value‐based Counseling“ aus Deutschland. Das Rahmenkonzept wurde von den als Autorinnen und Autoren genannten Expertinnen und Experten erstellt. In weiterer Folge wurde zur Qualitätssicherung Feedback von der direkten Zielgruppe mittels Fokusgruppe und Kurzinterviews eingeholt sowie von der Expertengruppe zur psychosozialen Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund. *** ERGEBNISSE: Für das Rahmenkonzept wurden sechs wesentliche Kernelemente identifiziert, die für niederschwellige psychosoziale Angebote für Menschen mit Fluchterfahrung als relevant erachtet werden. Dazu gehören Kurzzeitinterventionen, soziale und tagesstrukturierende Angebote, aufsuchende Angebote von Peers sowie Telefonhotlines. Wichtige Kernelemente sind auch niederschwellige Anlaufstellen, an denen die genannten Angebote angedockt sein können, und die systematische Vernetzung aller relevanten Einrichtungen/Angebote. Diese Kernelemente können miteinander verzahnt sein. Wichtig ist, dass sie in jeder Region zur Verfügung stehen. *** SCHLUSSFOLGERUNGEN: Zur Umsetzung niederschwelliger psychosozialer Angebote für Menschen mit Fluchterfahrung wird neben der Implementierung der Kernelemente des Rahmenkonzepts als wesentlicher Faktor eine strukturierte Vernetzungsarbeit genannt. Die Finanzierung von Angeboten sollte im Idealfall längerfristig sein und aus verschiedenen Bereichen kommen.