Salcher-Konrad, Maximilian; Knoll, Verena; Vogler, Sabine (2023): Leistungsspektrum der öffentlichen Apotheken im österreichischen Gesundheitssystem – Bestandsaufnahme, Analyse und Ausblick. Gesundheit Österreich, Wien.

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Abstract

HINTERGRUND UND FRAGESTELLUNG: Öffentliche Apotheken sind für die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zuständig und
bilden einen wesentlichen Bestandteil der Gesundheitsversorgung, insbesondere der Primärversorgung. International wie auch in Österreich hat sich über die Jahre hinweg das Rollenverständnis der Apotheker:innen dahin gehend verändert, dass öffentliche Apotheken über die Kernaufgaben
der Abgabe von, Beratung zu und Herstellung von Arzneimitteln hinaus weitere Leistungen erbringen, bei denen Apotheker:innen ihre pharmazeutische Fachexpertise einbringen. Parallel dazu
war in einer Reihe von Ländern ein erweitertes Angebot an Leistungen zu beobachten, mit denen Apotheken verstärkt eine „Public Health“‐Rolle übernahmen. Die Frage nach dem zukünftigen Stellenwert der öffentlichen Apotheke und ihrem Leistungsangebot gilt es auch für Österreich zu diskutieren. Eine Grundlage dafür bietet wissenschaftliche Evidenz über die aktuelle Rolle öffentlicher Apotheken in der Gesundheitsversorgung. Ziel der Studie war es, die Leistungen von öffentlichen Apotheken in Österreich zu erheben und
darauf basierend die Rolle der Apotheken im Gesamtkontext der österreichischen Gesundheitsversorgung zu analysieren. Vor dem Hintergrund der aktuell gültigen Rechtslage werden mögliche
Weiterentwicklungen des Leistungsangebots aufgezeigt, und es wird mittels eines eigens entwickelten Messkonzepts für Apothekenleistungen eine Nutzenbewertung exemplarisch für drei derzeit in Österreich nicht bzw. nicht flächendeckend erbrachte Apothekenleistungen vorgenommen. ***METHODEN: In der Studie wird ein Mix aus unterschiedlichen Methoden angewandt, der eine Dokumentenanalyse zum rechtlichen Rahmen, systematische und explorative Literaturrecherchen, qualitative Methoden (Interviews, Fallbeispiele) und quantitative Methoden (u. a. eine repräsentative Umfrage bei Apothekerinnen und Apothekern in Österreich) beinhaltet. Einzelne Forschungsfragen wurden mit
mehr als einer Methode bearbeitet (Triangulation). In den internationalen Fallbeispielen wurde das Leistungsspektrum öffentlicher Apotheken in England, Estland und Portugal mittels Literaturrecherche und Interviews mit Expertinnen vor Ort untersucht. Zur Bewertung des Nutzens von
Apothekenleistungen wurde ein Messkonzept entwickelt, das einen transparenten und systematischen Zugang zur Aufbereitung von Evidenz unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die zu
versorgende Bevölkerung sowie unter ökonomischen Gesichtspunkten bietet. ***ERGEBNISSE: Leistungen von Apotheken können in arzneimittelbezogene Aufgaben (Abgabe von, Beratung zu, Herstellung von sowie Beschaffung, Lagerung und Prüfung von Arzneimitteln) und weitere, nicht arzneimittelbezogene Leistungen (z. B. Gesundheitsförderung, Gesundheitstests, indikationsspezifische Leistungen für chronische Erkrankungen, Ansprechstelle und Vermittlungsfunktion im
Gesundheitswesen) unterteilt werden. Öffentliche Apotheken nehmen für die Gesundheitsversorgung in Österreich besonders in jenen Bereichen eine zentrale Rolle ein, in denen sie ein Alleinstellungsmerkmal aufgrund ihrer fachlichen Expertise (arzneimittelbezogene Kernaufgaben), niederschwelligen Zugänglichkeit (Öffnungszeiten, örtliche Nähe, Zugang ohne
Terminvereinbarung) und des Verhältnisses zu ihren Kundinnen und Kunden haben. Zusammengenommen ermöglichen diese Merkmale den öffentlichen Apotheken, über ihre arzneimittelbezogenen Kernaufgaben hinaus eine wichtige Funktion als Ansprechstelle im Gesundheitswesen wahrzunehmen, wie sich in für diese Studie erhobenen Daten und Experteninterviews zeigte. In einer repräsentativen Umfrage, in der Antworten von 1.218 von 6.298 eingeladenen Apothekerinnen und Apothekern ausgewertet wurden (Rücklaufquote von 19,3 %), gaben fast alle teilnehmenden Apotheker:innen an, dass arzneimittelbezogene Kernaufgaben zu ihrem persönlichen Tätigkeitsbereich gehören. Beratungen zu Arzneimitteln machten dabei rund 40 Prozent des durchschnittlichen täglichen Zeitaufwands aus. Nicht arzneimittelbezogene Leistungen wie Gesundheitsberatungen und Gesundheitstests werden deutlich seltener durchgeführt (eine Ausnahme stellten COVID‐19‐Tests dar). Der Vergleich mit anderen Ländern zeigte Unterschiede beim Umfang der von öffentlichen Apotheken angebotenen Leistungen. Tendenziell sind in anderen europäischen Ländern mehr Apothekenleistungen (z. B. Medikationsmanagement, Impfungen, Generikasubstitution) möglich und werden angeboten. Eine im Rahmen dieser Studie durchgeführte Bewertung auf Basis vorliegender Evidenz zeigte Nutzen entsprechend den untersuchten Parametern (z. B. klinische und ökonomische Outcomes) für die folgenden drei ausgewählten Leistungen: Impfungen gegen saisonale Influenza durch Apotheker:innen, ein „New Medicine Service“ zur Begleitung von Personen mit chronischen Erkrankungen
bei erstmaliger Verschreibung eines neuen Arzneimittels und Screening‐Programme in Apotheken. Die Nutzenbewertung für Screenings im Allgemeinen ist allerdings aus methodischen Gründen herausfordernd, da je nach praktischer Ausgestaltung der Screenings (z. B. in Bezug auf Zielgruppe, Screening‐Instrumente und Versorgungspfade nach positivem Screen) unterschiedliche Evidenz vorliegt.

Item Type: Monograph (Project Report)
Subjects: OEBIG > Pharmaoekonomie
Date Deposited: 24 Oct 2023 08:24
Last Modified: 03 Nov 2023 08:34
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3050