Weigl, Marion; Ecker, Sandra; Rojatz, Daniela; Antony, Daniela (2023): Selbsthilfegruppen von und für Menschen mit Migrationserfahrung. Gesundheit Österreich, Wien.

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Abstract

Menschen mit Migrationserfahrung stellen mit knapp 18 Prozent einen relevanten Bevölkerungsanteil dar. Wenngleich es sich um eine sehr heterogene Gruppe handelt, verweisen Studien auf eine tendenziell schlechtere Gesundheitskompetenz. Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz sind daher angezeigt. Selbsthilfegruppen (SHG) als freiwillige Zusammenschlüsse von Menschen zur gemeinsamen Bewältigung von Krankheiten oder psychischen Problemen werden teilweise als vierte Säule des Gesundheitswesens betrachtet. Selbsthilfegruppen ermöglichen Austausch, Unterhaltung, Information, Ermutigung und Orientierung und können auch für Menschen mit Migrationserfahrung eine wertvolle Ressource sein. Allerdings liegen bisher wenige Erfahrungen zu Selbsthilfegruppen für Menschen mit Migrationserfahrung für Österreich vor. ***METHODEN: Neben einer systematischen Literatursuche wurden Interviews und Fokusgruppen eingesetzt sowie Workshops zur partizipativen Erarbeitung des Konzepts. ***ERGEBNISSE: Im Rahmen der Literaturrecherche wurden Erfolgsfaktoren und Stolpersteine für Selbsthilfegruppen für Menschen mit Migrationserfahrung ermittelt. Relevante Aspekte adressieren den Zugang zu Menschen mit Migrationserfahrung, die bedürfnisorientierte Arbeit in SHG und die Sicherung der Nachhaltigkeit. Interviews und Fokusgruppen mit Menschen mit Migrationserfahrung zum Thema Selbsthilfegruppe zeigen, dass der Begriff oftmals nicht verstanden wird, grundsätzlich aber ein großer Bedarf an Austausch besteht. Es zeigt sich auch, dass der Wunsch nach einer anleitenden und moderierenden Person sehr groß ist. Die Pilotierung im Jahr 2023 mit einer türkischsprachigen und mehreren arabischsprachigen Gruppen bestätigte die Notwendigkeit einer die Gruppe anleitende und diese organisierende Person aus der jeweiligen Community. Zudem wurde ersichtlich, dass (jedenfalls die erste Zeit nach Initiierung) eine engmaschige Begleitung der Gruppen mit regelmäßigen Erinnerungen notwendig ist, was die Umsetzung sehr aufwendig macht. Es bestätigte sich, dass der Aufbau eines passenden Verständnisses für das Konzept einer Selbsthilfegruppe und das Erleben eines persönlichen Nutzens Zeit benötigt. Beides ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass eigenes Engagement in Bezug auf die Gründung oder Weiterführung einer Selbsthilfegruppe möglich wird. Unabhängig davon erschwert jedoch auch die persönliche - und oft belastende - Lebenssituation sowie das größere Vertrauen in und Wunsch nach fachlichem Input durch eine Ärztin bzw. einen Arzt die Teilnahme an einer SHG. ***SCHLUSSFOLGERUNGEN: Aus den Ergebnissen der Literaturrecherche, Interviews und Fokusgruppen wurde ein Konzept für Selbsthilfegruppen von und für Menschen mit Migrationserfahrung abgeleitet. Dies soll interessierten Menschen eine Orientierung bieten - von Möglichkeiten der Initiierung und Zusammensetzung einer Gruppe bis hin zur Gestaltung der Treffen. Aus der Pilotierung im Jahr 2023 kann abgeleitet werden, dass der Bedarf an Selbsthilfegruppen von und für Menschen mit Migrationserfahrung zwar gegeben ist, eine Initiierung und Umsetzung aber in einer Organisation eingebettet sein sollte, die über die ersten eineinhalb Jahre beim Aufbau und bei der Etablierung unterstützen kann. Erst dadurch scheint die Überführung in eine von Betroffenen mit Migrationserfahrung selbst organisierte Gruppe als realistisch.

Item Type: Monograph (Project Report)
Uncontrolled Keywords: Selbsthilfegruppe, Migration
Subjects: OEBIG > Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit
Date Deposited: 02 Feb 2024 08:55
Last Modified: 06 Feb 2024 08:20
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3365