Busch, Martin; Schwarz, Tanja (2024): Was hat der Anstieg der drogenbezogenen Todesfälle zu bedeuten und was können wir dagegen tun? 26. Substitutions-Forum, 25. Mai 2024, Mondsee.

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Abstract

Hintergrund
Im Jahr 2022 wurden in Österreich insgesamt 248 drogenbezogene Todesfälle durch Überdosierung mit Beteiligung illegaler Drogen verzeichnet. Obwohl der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr weniger stark ausfiel, setzte er sich dennoch fort (2021: 235, 2020: 191, 2019: 196, 2018: 154). Zusätzlich stieg der Anteil jüngerer Verstorbener (< 25-Jährige) an (von 18 % im Jahr 2018 auf aktuell 27 %).

Ziel und Methode
Im Rahmen einer Cross-Indikator-Analyse werden drogenbezogene Todesfälle in Verbindung mit der Opioid‐Agonisten‐Therapie (OAT) und Daten aus anderen Datenquellen betrachtet. Maßnahmen zur Prävention tödlicher Überdosierungen werden erörtert.

Resultate
Nahezu alle verfügbaren Daten aus dem Drogenmonitoring (OAT, Behandlungsdaten aus Einrichtungen der Drogenhilfe, gesundheitsbezogene Maßnahmen, Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz, Spitalsentlassungen) deuten auf eine stabile Drogensituation hin. Diese Stabilität zeigt sich insbesondere in Bezug auf den Anteil der Personen unter 25 Jahren, der seit Jahren stagniert und als Indikator für die Inzidenz betrachtet werden kann, d. h. für jene Menschen, die mit einem risikoreichen Drogenkonsum beginnen. Die einzige Ausnahme stellt die Statistik der drogenbezogenen Todesfälle dar.
Für die OAT, Drogenkonsumräume und Naloxonprogramme gibt es laut Europäischer Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ausreichend empirische Evidenz zur Verhinderung tödlicher Überdosierungen. Die In-Treatment‐Rate bezüglich der OAT liegt in Österreich zwischen 50 und 60 Prozent und hat sich in den letzten Jahren nicht weiter erhöht. Drogenkonsumräume gibt es in Österreich weiterhin nicht, und Naloxonprogramme existieren lediglich in sechs Bundesländern, meist auf regionaler Ebene.

Schlussfolgerung
Die derzeitige Datenlage ermöglicht keine exakte Ursacheninterpretation für den Anstieg der drogenbezogenen Todesfälle. Nach wie vor könnte es sich bei dieser Entwicklung um Nachwirkungen der Coronapandemie handeln, von der insbesondere suchtkranke Menschen betroffen waren. Eine weitere mögliche Ursache könnte in der gestiegenen Reinheit der Substanzen liegen, was das Risiko für Überdosierungen erhöht. Jedoch ist hervorzuheben, dass sich die Substanzgruppen bzw. ‐kombinationen im Wesentlichen nicht verändert haben: Es dominieren weiterhin Todesfälle, bei denen (auch) Opioide festgestellt wurden. Neue Psychoaktive Substanzen (NPS) und stark potente Schmerzmittel wie Fentanyl bleiben weiterhin Einzelfälle. Im ungünstigsten Fall könnte dies jedoch darauf hindeuten, dass sich die Drogensituation bei jüngeren Menschen verschärft hat. Diese Entwicklungen spiegeln sich bisher nicht in den vorliegenden drogenspezifischen Behandlungszahlen wider, was darauf hindeuten könnte, dass diese Gruppen (noch) keinen Zugang zum Drogenbehandlungssystem gefunden haben.
Hinsichtlich der Prävention drogenbezogener Todesfälle besteht in Österreich Verbesserungspotenzial. Im Falle eines Anstiegs des Konsums, insbesondere von Fentanyl und anderen hochpotenten Opioiden, wie er derzeit in den USA und Kanada, aber rezent auch in Irland und Estland zu beobachten ist, können diversifizierte Angebote in der OAT, wie etwa die intravenöse Verabreichung, sowie ein möglichst flächendeckendes Naloxonprogramm lebensrettende Interventionen darstellen.

Item Type: Conference or Workshop Item (Lecture)
Subjects: OEBIG > Kompetenzzentrum Sucht
Date Deposited: 04 Feb 2025 11:28
Last Modified: 04 Feb 2025 11:28
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/4253