Busch, Martin; Anzenberger, Judith (2018): Wozu sammeln wir Drogentote? Deutscher Suchtkongress, 19. September 2018, Hamburg.
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Abstract
EINLEITUNG: Die Statistik der drogenbezogenen Todesfälle ist einer von fünf epidemiologischen Schlüsselindikatoren, die von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen- und Drogensucht definiert wurden. Unterschieden wird zwischen direkt und indirekt drogenbezogenen Todesfällen. Direkt drogenbezogene Todesfälle sind tödliche Überdosierungen mit Beteiligung mindestens einer illegalen Droge oder Neuer Psychoaktiver Substanzen (NPS). Sie dienen in Zusammenschau mit anderen epidemiologischen Daten der Beurteilung der aktuellen Drogensituation und werden entweder in Registern, basierend auf Meldungen unterschiedlicher Stellen (z. B. Polizei, Gerichtsmedizin), gesammelt oder als Auswahl definierter ICD-10-Codes aus der allgemeinen Todesursachenstatistik extrahiert. Indirekt drogenbezogene Todesfälle liegen vor, wenn Personen aufgrund von Langzeitfolgen des Drogenkonsums (z. B. AIDS, wenn die HIV-Infektion durch den Drogenkonsum erfolgte) oder etwa unter Drogeneinfluss an den Folgen eines Unfalls versterben. Methode der Wahl zur Erfassung indirekt drogenbezogener Todesfälle sind Mortalitätskohortenstudien. Sie können zur Berechnung der „verlorenen Lebensjahre“ herangezogen werden und erlauben wichtige Rückschlüsse auf Begleiterkrankungen und Sekundärfolgen des Drogenkonsums.
METHODE: In Österreich existiert ein Register direkt drogenbezogener Todesfälle von sehr guter Qualität, zu deren Sicherung Unterlagen zu Verdachtsfällen in einem aufwendigen Prozess in mehreren Schleifen angefordert werden. Grundlage der Statistik ist generell ein Obduktionsgutachten, in Fällen ohne Obduktion der Totenbeschauschein. 2018 wird erstmals - basierend auf dem pseudonymisierten Substitutionsregister und der allgemeinen Todesursachenstatistik – eine Mortalitätskohortenanalyse durchgeführt. Die epidemiologischen Ergebnisse beider Zugänge werden in Zusammenschau mit anderen Datenquellen im Sinne einer Cross-Indicator-Analyse interpretiert.
ERGEBNIS: Direkt drogenbezogene Todesfälle stellen einen wichtigen Puzzlestein in der Trendbeurteilung dar (z. B. Opioidkonsum-Einstiegswelle Anfang der 2000er-Jahre, rezente Alterung der Population mit Opioidproblematik). Bei der Mortalitätskohortenanalyse werden die verlorenen Lebensjahre berechnet. Vergleiche mit Todesursachen der Allgemeinbevölkerung liefern Hinweise auf Häufungen durch Begleiterkrankungen und Spätfolgen verursachter Mortalität (z. B. Hepatitis C, AIDS) bei Personen in Substitutionsbehandlung (die Ergebnisse liegen voraussichtlich im September vor).
SCHLUSSFOLLGERUNG: Analysen direkt und indirekt drogenbezogener Mortalität liefern einen wichtigen Beitrag zur Einschätzung des problematischen Drogenkonsums in Österreich.
Item Type: | Conference or Workshop Item (Lecture) |
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Subjects: | OEBIG > Kompetenzzentrum Sucht |
Date Deposited: | 28 Apr 2019 10:45 |
Last Modified: | 28 Apr 2019 10:45 |
URI: | https://jasmin.goeg.at/id/eprint/730 |