Marbler, Carina; Sagerschnig, Sophie; Winkler, Petra; Witt-Dörring, Fiona (2021): Frühe Hilfen. Zahlen, Daten und Fakten 2020. Gesundheit Österreich, Wien.

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Abstract

Seit nunmehr mehr als 5 Jahren werden in allen österreichischen Bundesländern regionale Frühe-
Hilfen-Netzwerke nach einem einheitlichen österreichischen Grundmodell auf- bzw. ausgebaut,
deren Ziel es ist, (werdenden) Eltern und Familien mit Kleinkindern in belastenden Lebenssituationen
bedarfsgerechte Unterstützung zur Verfügung zu stellen und gesundheitliche Chancengerechtigkeit
zu gewährleisten. Begleitet wird die regionale Umsetzung durch das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH.at), zu
dessen Aufgaben unter anderem die Bereitstellung einer einheitlichen Dokumentation sowie die Auswertung und statistische Analyse der dabei gesammelten Daten gehören. Die im Rahmen der Frühen Hilfen durchgeführten Kontaktaufnahmen und Begleitungen des Jahres
2020 werden einer deskriptiven Datenanalyse unterzogen. Zudem werden die strukturellen Rahmenbedingungen
in den Frühe-Hilfen-Netzwerken und das Feedback der begleiteten Familien in Hinblick auf die Zufriedenheit und den Nutzen des Angebots dargestellt. Im Schwerpunktkapitel zu den Ein-Eltern-Familien wird der gesamte Zeitraum 2016 bis 2020 in die Auswertungen miteinbezogen. Seit 2016 sind in allen neun Bundesländern Frühe Hilfen eingerichtet. Mit Stand 31. 12. 2020 waren
regionale Frühe-Hilfen-Netzwerke in insgesamt 65 politischen Bezirken aktiv. Trotz der Einschränkungen
im Zuge des COVID-19-Pandemiemanagements wurden 1.803 Familien von einer breiten Palette an Fachkräften oder Freundinnen/Freunden, Bekannten und Verwandten neu an
regionale Frühe-Hilfen-Netzwerke vermittelt oder nahmen selbst Kontakt mit einem Netzwerk auf. 2.198 Familien wurden im Laufe des Jahres begleitet, 1.061 Begleitungen wurden abgeschlossen. Die primäre Zielgruppe – Schwangere und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern bis drei Jahre – wurde wie in den Vorjahren weiterhin früh erreicht: So fanden 26 Prozent der Kontaktaufnahmen
noch während der Schwangerschaft statt und rund 40 Prozent der Familien hatten Kinder, die noch
keine drei Monate alt waren. Entsprechend der Zielsetzung wurden Familien mit diversen sozialen, psychischen und/oder medizinischen Belastungen erreicht: Mehr als die Hälfte der Familien war armutsgefährdet, 40 Prozent der primären Hauptbezugspersonen (i. d. R. die leibliche Mutter) hatten Migrationshintergrund und je 30 Prozent hatten einen niedrigen formalen Bildungsabschluss
und/oder lebten ohne Partner/-in. 16 Prozent der Kinder waren Frühgeborene und elf Prozent Mehrlingsgeborene. Ein-Eltern-Familien, die durch Frühe Hilfen begleitet werden, sind gekennzeichnet durch eine zumeist weibliche Hauptbezugsperson und haben nicht nur tendenziell mehr Belastungen als begleitete Paar-Familien, sie weisen gleichzeitig auch weniger Ressourcen auf, auf die sie ausgleichend zurückgreifen können. Frauen in Ein-Eltern-Familien sind häufiger ungeplant schwanger, sind durchschnittlich jünger, haben häufiger einen geringen Bildungsabschluss, sind seltener erwerbstätig und befinden sich noch öfter in einer prekären finanziellen Lage sowie Wohnsituation als Paar-Familien. Zudem weisen sie häufiger Erfahrungen mit Gewalt auf (auch noch zu Beginn der Begleitung), die Obsorgesituation ist häufiger belastend, sie berichten häufiger von Zukunftsängsten und sind oder waren etwas öfter wegen einer psychischen Erkrankung in Behandlung. Erfreulicherweise werden sie jedoch vergleichsweise früh erreicht: 36 Prozent aller bisherigen Begleitungen von Ein-Eltern-Familien begannen schon während der Schwangerschaft. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass besonders viele Ein-Eltern-Familien, Familien mit Armutsgefährdung und Familien mit Kindern mit erhöhten Betreuungsanforderungen die Frühen Hilfen
in Anspruch nehmen. Die regionalen Frühe-Hilfen-Netzwerke unterstützten auch im herausfordernden Jahr 2020 viele
Familien in ihrer spezifischen Lebenssituation und versuchten, die Belastungen so gut wie möglich
zu reduzieren und (vorhandene) Ressourcen zu aktivieren. Während der Lockdown-Phasen kam es zu einem Rückgang der Vermittlungen, v. a. vonseiten der Krankenhäuser, und auch Weitervermittlungen gestalteten sich schwierig. Dennoch konnten auch in dieser Zeit Familien erreicht und
unterstützt werden. Ein weiterer Ausbau der Frühen Hilfen ist österreichweit anzustreben. Gleichzeitig
müssen die Unterstützungsnetzwerke in den Regionen stabilisiert werden, sodass alle Familien
in belastenden Situationen die Möglichkeit bekommen, passgenaue Hilfen zu erhalten.

Item Type: Monograph (Project Report)
Subjects: OEBIG > Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit
Date Deposited: 30 Nov 2021 14:22
Last Modified: 23 Mar 2022 16:07
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/1858