Gaiswinkler, Sylvia; Antony, Daniela; Delcour, Jennifer; Pfabigan, Johanna; Pichler, Michaela; Wahl, Anna (2023): Frauengesundheitsbericht 2022. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wien.

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Abstract

HINTERGRUND: Frauen und Mädchen haben im Unterschied zu Männern häufig andere Erkrankungsrisiken und Krankheitsverläufe, ein anderes Gesundheitsverhalten und werden aufgrund von geschlechterstereotypen Zuschreibungen oft unzutreffend diagnostiziert. Frauen sind durch gesellschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen (u. a. Mehrfachbelastungen, Care-Arbeit) in ihren unterschiedlichen Lebensphasen (Mädchen, Frauen im Erwerbsalter, ältere Frauen) mit gesundheitsrelevanten Einflüssen konfrontiert, die sich maßgeblich auf ihre Gesundheit auswirken können. Unterschiedliche biologische Dispositionen (u. a. Körper, Hormonhaushalt, Stoffwechsel) verursachen mit, dass Erkrankungen mit oft anderen Prävalenzen und Symptomen auftreten als bei Männern. Mit einem Frauengesundheitsbericht werden jene Informationen bereitgestellt, von denen Frauen und Mädchen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen betroffen sind und die in klassischen Gesundheitsberichten kaum oder nicht behandelt werden. Damit werden die Voraussetzungen für eine Gesundheitsversorgung geschaffen, in der Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt gerückt werden. *** METHODE: Anknüpfend an bisherige nationale und internationale Frauengesundheitsberichte wurde eine inhaltliche Kapitelstruktur mit dem Fokus auf sozioökonomische Determinanten erstellt, zu der eine breite Literatur- und Datenrecherche durchgeführt wurde. Literatur und Daten wurden entsprechend der Verfügbarkeit aus Österreich (ATHIS, EU-SILC, HBSC, HLS-EU, Diagnosen- und Leistungsdokumentation der österreichischen Krankenanstalten, Todesursachenstatistik) oder alternativ aus international vergleichbaren Ländern herangezogen. Zur Qualitätssicherung und Einbindung von Expertise aus der Praxis wurde eine begleitende Expertinnengruppe zugezogen. *** ERGEBNISSE: Klassische Gesundheitsberichte folgen in der Regel nach wie vor herkömmlichen Gesundheitsparametern, die historisch immer noch an einem auf Männer orientierten Blick ausgerichtet sind. Mit dem gezielten Blick auf die Gesundheit von Frauen konzentriert sich der Bericht auf Themen wie Körper- und Selbstbilder von Mädchen und Frauen, Sexuelle Gesundheit, Menstruationsgesundheit, Wechseljahre und Menopause, Gynäkologische Versorgung, Reproduktive Selbstbestimmung, Psychische Gesundheit, Gewalt gegen Mädchen und Frauen und deren gesundheitliche Auswirkungen oder auch den Zugang zu guten Gesundheitsinformationen und -angeboten für Mädchen und Frauen. Ebenso werden sozioökomonomische und gesellschaftliche Einflüsse auf die Gesundheit von Frauen, Armut, Mehrfachbelastungen, unbezahlte Sorgearbeit (Care-Arbeit), Mental Load und Auswirkungen der Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen beleuchtet. Mit dem Frauengesundheitsbericht liegen nach über zehn Jahren wieder Informationen zur gesundheitlichen Situation von Frauen und Mädchen vor. *** SCHLUSSFOLGERUNGEN: Bei der Erstellung des Frauengesundheitsberichts erwies sich die Datenlage als besondere Herausforderung. Die verwendeten Daten und Informationen stammen häufig nicht aus Österreich, da sie entweder nicht vorhanden, nicht repräsentativ oder schwer zugänglich sind. Zu zentralen frauenspezifischen Gesundheitsfragen wie beispielsweise Menstruationsgesundheit, sexueller Gesundheit, detaillierten Informationen zu psychischen Belastungen, Auswirkungen von Gewalt auf Gesundheit oder dem Zugang zu guten Gesundheitsinformationen sowie zu frauenspezifischen Erkrankungen wie beispielsweise Endometriose wären für eine Ableitung von Maßnahmen entsprechende Datengrundlagen notwendig. Für die zukünftige Datengenerierung ist entscheidend, dass diese für Frauen und Mädchen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenslagen erhoben werden, um zielgruppengenauere Analysen zu ermöglichen. Die weitere Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans Frauengesundheit sowie die Themen der gesellschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen, der Frauen- und Gendergesundheitsforschung, der Entwicklungen im Digital-Health- und KI-Bereich, der frauen- und genderspezifischen Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsversorgung erfordern neue Schwerpunktsetzungen im Gesundheitsbereich. Dem großen Bereich der Chancengerechtigkeit und Intersektionalität müsste in Folgeberichten ausreichend Raum gegeben werden. Frauenrelevante Gesundheitsthemen sind in nächsten Schwerpunktsetzungen nach den verschiedenen Lebensphasen und Lebenslagen von Mädchen und Frauen zu differenzieren. Sozioökonomisch benachteiligte Frauen und Mädchen, Frauen in Armut, Frauen und Mädchen in unterschiedlichen Altersphasen, Frauen mit Flucht- und Migrationsgeschichte, Frauen mit Behinderungen, alleinerziehende Frauen, wohnungslose Frauen, Sexarbeiterinnen, Frauen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität haben verschiedene soziale Ausgangs- und Lebenslagen, die sich auch unterschiedlich darauf auswirken, wie gesund sie ihr Leben verbringen können. Eine präzisere Zielgruppenbetrachtung muss auch das Gießkannenprinzip ablösen und in nächste Arbeiten und zukünftige Maßnahmen einfließen, um allen Frauen und Mädchen gleiche gesundheitliche Chancen zu ermöglichen.

Item Type: Monograph (Project Report)
Uncontrolled Keywords: Frauen, Mädchen, Geschlecht, Gender, Gesundheit, Frauengesundheitsbericht
Subjects: OEBIG > Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit
Date Deposited: 17 Feb 2023 10:26
Last Modified: 17 Feb 2023 10:26
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/2496