Gaiswinkler, Sylvia; Wahl, Anna; Antony, Daniela; Ofner, Tonja; Delcour, Jennifer; Antosik, Jennifer; Pfabigan, Johanna; Pilwarsch, Johanna (2024): Menstruationsgesundheitsbericht 2024. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), Wien.

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Menstruationsgesundheitsbericht_2024_bf.pdf

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Abstract

Hintergrund
Menstruationsgesundheit umfasst eine Vielzahl von Dimensionen, die das Wohlbefinden von Mädchen, Frauen und menstruierenden Personen beeinflussen. Bislang gab es in Österreich wenige Daten und Informationen zur Situation rund um Menstruationsgesundheit. Eine Voraussetzung zur Schaffung adäquater Rahmenbedingungen ist die Verfügbarkeit von Informationen. Der vorliegende Bericht soll ein umfassendes Bild zur Situation in Österreich liefern.

Methode
In einem Mixed-Methods-Design wurden quantitative und qualitative Methoden für die Datenerhebung angewandt. Auf Grundlage einer Literaturrecherche und unter Heranziehung validierter Messinstrumente wurde für die quantitative Erhebung ein Fragebogen entwickelt, der nach den Items „Menstruation“, „Menopause“ und „Endometriose“ geclustert wurde. Die Daten wurden im Juli 2023 durch Telefoninterviews und eine Onlineumfrage erhoben. Die Umfrage erreichte eine Stichprobengröße von n = 1.332 Personen, die in Bezug auf Alter, das weibliche Geschlecht, formale Bildung und Bundesländer repräsentativ für die Bevölkerung Österreichs zwischen 14 und 60 Jahren ist. Die Rücklaufquote lag bei den Telefoninterviews bei 14 Prozent und bei der Onlineumfrage bei 68 Prozent. Ergänzend wurden im September 2023 drei Fokusgruppen mit insgesamt 19 Expert:innen durchgeführt, um die quantitativen Ergebnisse zu vertiefen; der Schwerpunkt lag dabei auf der Kontextualisierung der Erhebungsergebnisse für die Bereiche Lebensphasen, Chancengerechtigkeit und Endometriose.

Ergebnisse
Mit durchschnittlich 13 Jahren haben Menstruierende ihre erste Menstruationsblutung (Menarche). 84 Prozent berichten von einer durchschnittlichen Blutungsdauer von 5 Tagen. Knapp über 70 Prozent schätzen die Blutungsstärke als eher stark bis sehr stark ein. 67 Prozent schätzen die Schmerzen während der Menstruationsblutung als mittelmäßig bis sehr stark ein, davon haben 36 Prozent starke oder sehr starke Schmerzen. Eine Reihe körperlicher und psychosozialer Belastungen, die mit der Menstruation in Zusammenhang stehen, wirkt sich sehr stark oder stark auf Lebensbereiche wie Sexualleben (26 %), Arbeitsalltag (19 %), Freizeitleben und soziale Kontakte (21 %) aus. Insgesamt nehmen 55,4 Prozent der Frauen jeden Monat Schmerzmittel ein. Die am häufigsten verwendeten Menstruationsartikel in Österreich sind Tampons, Binden und Slipeinlagen. 4,7 Prozent der Menstruierenden haben jeden Monat und 16 Prozent haben gelegentlich Schwierigkeiten, sich Menstruationsartikel zu leisten. Bei den Indikatoren zur Leistbarkeit von Menstruationsartikeln und zur sozialen Teilhabe zeigen die Ergebnisse signifikante Korrelationen mit Alter, Einkommen und formaler Bildung. Menstruierende mit einem niedrigeren persönlichen Einkommen und Haushaltseinkommen sowie mit einem niedrigeren formalen Bildungsabschluss geben deutlich häufiger an, sich keine Menstruationsprodukte leisten zu können. Es ist auch wahrscheinlicher, dass sie aufgrund von Menstruationsschmerzen Einschränkungen in puncto sozialer Teilhabe erfahren. Das durchschnittliche Alter der letzten Menstruationsblutung (Menopause) liegt in Österreich bei 49 Jahren. 20 Prozent fühlen sich über die Wechseljahre weniger gut oder gar nicht gut informiert. Sehr starke oder starke Belastungen während der Wechseljahre zeigen sich durch Hitzewallungen (46 %), nächtliche Schweißausbrüche (35 %), Schlafstörungen (30 %). Bei der Frage nach der Einstellung zu den Wechseljahren ergibt sich ein überwiegend positives Bild: 34 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie sich nach den Wechseljahren frei und unabhängig fühlen. Ein Großteil stimmt den Aussagen gar nicht zu, dass Frauen als weniger attraktiv angesehen würden (59 %), dass sie keine richtige Frau mehr seien (73 %) oder dass sie sich in ihrer sexuellen Aktivität eingeschränkt fühlten (42 %). Knapp unter einem Drittel (31 %) der menstruierenden Personen in Österreich haben noch nie von Endometriose gehört. 6,4 Prozent haben eine Diagnose und 4,4 Prozent äußern einen Verdacht auf Endometriose. Die durchschnittliche Dauer vom Verdacht zur Diagnose beträgt derzeit in Österreich 6,6 Jahre.

Schlussfolgerungen
Mit dem Bericht zu Menstruationsgesundheit werden erstmals repräsentative Daten für Österreich im Auftrag des Gesundheitsministeriums zur Verfügung gestellt, die einen Überblick über gesundheitsrelevante Faktoren im Zusammenhang mit Menstruation, Wechseljahren sowie Endometriose bieten. Alle drei Bereiche vereint Folgendes: Bewusstseins- und Sensibilisierungsmaßnahmen innerhalb und außerhalb des Gesundheitssystems – zum Beispiel im Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsmarktsektor – können zu einer weiteren Enttabuisierung von Themen rund um Menstruation führen. Damit einher geht ein Beitrag zur gesellschaftlichen Anerkennung physischer, psychischer und sozialer Lebensumstände von Mädchen, Frauen und Personen, die menstruieren bzw. menstruiert haben.

Item Type: Monograph (Project Report)
Uncontrolled Keywords: Frauengesundheit, Frauen, Mädchen, Menstruation, Wechseljahre, Menopause, Endometriose
Subjects: OEBIG > Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit
Date Deposited: 29 Aug 2024 06:39
Last Modified: 29 Aug 2024 06:39
URI: https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3814